Harry Maasz - Lübeck
Einge Absätze aus "Dein Garten - Dein Arzt":
Das erste aber nun ist gewissenhafte Vorbereitung des Bodens
denn was wäre es für ein Gewinn, den neuen Garten zu schaffen, oder den bestehenden umzugestalten, wenn nicht exakte Bodenvorbereitungen
allen Neupflanzungen vorangehen würden? Alle ausgesogenen oder an sich schon sterilen Böden enthalten nicht die Stoffe, die den Pflanzungen
Kraft und Antrieb zum hemmungslosen Gedeihen geben. - Da treiben Sträucher, Rosen und Stauden kümmerliche Triebe und wollen zum
Leidwesen des Gartenfreundes nicht werden. Falsche Sparsamkeit und Unkenntnis sündigten hier von Anbeginn an und zeitigten Ergebnisse, die
so kläglich waren, daß jeder Mut zum weiteren Schaffen und jede Freude am Garten verkümmern mußten. Was können wir vom Garten ohne exakte,
ohne sorgfältige Vorbereitung und Bodenanreicherung erwarten? Nichts als Enttäuschung, und alle nachträglichen Versuche, das Versäumte
nachzuholen, haben neben der Unordnung nur Verdruß und ärgerliche Mehrausgaben im Gefolge. Der gewissenhaften Bodenbearbeitung sollen
sorgfältig durchgeführte Erdarbeiten für die Ebnung der Gesamtfläche vorangehen. Nicht um nur zu ebnen oder abzustufen und unsern so oder so
eingestellten Gestaltungslaunen Raum zu geben - nein, um Platz und Raum, um Wachstumssteigerungen bei intensivster Sonnennutzung zu
erreichen - um dem Gelände für die Aufnahme der nötigen Niederschlagsmengen die Voraussetzungen zu geben.
Und weil eine Mauer auf die Dauer doch wohl das billigste ist, stützen wir die Abstufungen durch Trockenmauern, die ein für alle Mal halten und die
uns den Platz für eine Reihe köstlicher Kleinstauden bereit halten. - Erst wenn alle diese Arbeiten beendet sind, beginnt ein sorgfältiges
Disponieren über die zunächst für den Garten wünschenswerten Pflanzungen - die aber durchaus auch noch zurückgestellt werden können. Denn
manches Gartenfreundes Kasse wird inzwischen leer geworden sein.
Ist dieser Vorgang, den Garten erst einmal vor allem andern von innen heraus anzupacken, nicht der für seine endliche Entwicklung idealste? Ist
es nicht das erste Gebot, zunächst die Grundlagen für die spätere Ausstattung zu schaffen und mit dieser zu warten, bis wieder einmal die
Gartenkasse gefüllt ist?
Auch beim Garten müssen wir das Warten lernen, wir haben ja Zeit, das uns im Grundplan mit seinen Tabellen vorliegende Ausstattungsprogramm
in einer Reihe von Jahren zur Durchführung zu bringen.
Ist es für den Garten ein Nachteil, daß beispielsweise die jungen Hecken eben erst den Kinderschuhen entwachsen sind? Daß die Terrassenmauern
im ersten Jahr noch ohne Polster, daß überall Rasen an Stelle von Stauden und Blütensträuchern grünt? Schon in wenigen Jahren wird ja die
Hecke das Sonnenbad, den Spielrasen, ja den gesamten Garten höher umsäumen und fester abschließen. -
Alle Polsterpflanzen können vom Gartenfreund selbst in die Mauer gesetzt werden, und mit der Pflanzung von Stauden und Blütensträuchern hat es
ja immer noch gute Weile. Sie sind mit der Zeit zu erwerben oder gar selbst heranzuziehen aus Saat oder durch Teilung, alle die Stauden, die uns
auf Reisen oder Wegen entzückten.
Das ist ja überhaupt ein Schaffensvorgang voll köstlichster Ueberraschungen, voll engster Anteilnahme.
Unser Garten ist ein zu wichtiges Kulturgut, als daß wir ihn durch irgendeinen Unterbietenden verschneiden, durch irgendeinen
Geschäftstüchtigen entseelen ließen. Unser Garten ist ein zu wertvoller Teil eigenen Lebens, zu dessen Vervollkommnung sich Jahre treuester
Hingabe lohnen, Jahre innigster Anteilnahme, Jahre sparsamsten Lebens und auch solche liebevoller Opfer.
Zu den wertvollsten und unentbehrlichsten Grundpfeilern des Gartens zählt auch die Grenzpflanzung
die allen Pflanzungsarbeiten unbedingt vorauszugehen hat. Was würden wir anders wohl gegen Wind und Sonnenbrand und Dürre und Unkraut
unternehmen können?!
Was würde uns dieses Gebastel mit Polsterpflanzen, Sommerblumen, Stauden, Rosen und Zierbüschen; was würde uns die Anpflanzung von
Beerenobst, Obsthochstämmen, Spalierbäumchen, ohne Schutzpflanzungen um uns herum nützen?! Wenn wir nicht unser Stück Land zunächst mit
einer hand- und stoßfesten grünen Wand umgeben würden?! Was für diese Grenzschutzwand in Frage kommt? Bitte - da wartet eine Legion sturm-
und wetterbeständiger Gehölze in den Anzuchtsquartieren der Züchter. Gehölze, die auf reinem Sand noch wahre Orgien an Kraft und Schönheit
feiern, Gehölze, die auf dem pampigsten Ton zu fürstlichen Hochhecken werden. Gehölze, die den Moorboden zum Tummelplatz ihres Aufbaus
nutzen. Gehölze, die zwölf Windstärken spielend trotzen, die der unentwegten Dürre eines regenlosen Sommers kraftvoll gewachsen sind. Gehölze,
die dreißig Grad Minus vertragen, die sich aus den gefürchteten März-Trockenwinden gar nichts machen, die auf die tödlichen Gase naher
Fabrikdistrikte pfeifen. Ist es nicht eine Freude, durch diese Legionen treuester Kameraden einmal hindurchzuwandern, Umschau zu halten unter
ihnen? Zu sehen, wie sich unter ihnen solche befinden, deren Ast- und Zweigwerk sich mit aufsteigendem Saft goldig, gelb, violett, rosig, rot, blau,
grün und grau färbt. Ueberrascht zu entdecken den verschwenderischen Wechsel aller Grünfarben der Austriebszeit und des Sommers?
Ueberrascht festzustellen, daß die sommerliche Buntheit vieler den Farbenreiz der Landschaft mit Kontrast oder Harmonie zu erfüllen vermag. Und
dann dieselben, die gleichen, sehen im Herbst, wie sie leuchten und reflektieren, wie sie sprühen und flammen in Gold und Silber, Karmin und
Purpur, Violett, Braun und Weiß.
Ja, das alles, all diese überraschenden Eigenschaften entdecken wir an unsern Gehölzen, die wir so ganz allgemein mit "Deck- und
Windschutzpflanzungen" abzutun pflegen. Als gäben sie nicht dem Garten überhaupt erst den großen Raum, in den sich alle kleinen Einzelheiten
hernach wie von selber eingliedern. Wird nicht der Garten durch ihn überhaupt erst zum bleibenden Erlebnis, wird nicht durch ihn erst die grüne
oder blühende Hecke, die Blütenwand, als nächste Unterteilerin des Gesamten zur lückenlosen Entfaltung gelangen?
Und das Stauden- und Einjahrsblumenbeet, der alpine Garten, die Beerenobstpflanzung, das Fruchtbeet, die Berankerin der Hauswand, kurz all
das, was wir zu des Gartens und damit unserer eigenen Seligkeit benötigen?
Was machte wohl der Bewohner des Küstengebietes aus seinem Garten ohne Schutzpflanzung? Was würde aus den Gärten der Inselbewohner
ohne sie? Was aus den Gärten rauher Gebirgsgegenden, winderfüllter Heidestriche, sturmumbrauster Hügel, wenn nicht als erstes die
Schutzpflanzung auf dem Programm gestanden hätte?
Rosenhecken blühen nicht in gewünschter Ueppigkeit ohne Schutz, und unsere Beerenobstpflanzungen im Garten des freien Feldes stehen nicht
so voll Saft und Kraft ohne die schirmende Grenzpflanzung. Umstürmte Hausfronten beranken sich nicht ohne Grenzschutz in kurzer Zeit, und im
Gartenraum an der Straße, den wir gern zu dekorieren pflegen, würden sich die Blütensträucher nicht so vollendet entwickeln, würde nicht nach
der Windseite zu ein dichter Grenzpflanzungsabschluß geschaffen sein. -
Und wie stünde es mit dem Aufenthalt im schutzlosen Garten?
Für den Fachmann ist es verzweiflungsvoll zu sehen, mit welcher Unentwegtheit der gartenbegeisterte Laie immer wieder am verkehrten Ende
anfängt. Würde er nichts weiter tun, als mit der Schutzpflanzung beginnen, und alles andere hintenanstellen, so würde er immer, selbst mit den
kleinsten Mitteln, das der Vollendung Näherkommende erreichen. Er hätte dann Zeit, in Ruhe der kommenden Entwicklung und dem Aufbau und
Ausbau des noch Fehlenden entgegenzusehen.
Eigentlich sollte nun die Hausfrau über das Weitere entscheiden
denn ihr, der Hüterin des Heimes, der Mutter der Kinder, und als solche auch die mittätige Anregerin bei der Schaffung des Lichtgartens für die
heranwachsende Jugend, gebührt wohl das erste Wort. Vor allem bei der Auswahl der Lage des Spielrasens und auch der Tummelplätze. Ist ihr das
immer laute Leben ihrer ausgelassenen Schar auf dem Platz nahe dem Hause lästig, wird eine der Wohnung fernliegende, aber immer sonnige
Stelle im Garten ausgewählt werden müssen. Liebt sie, den Kindern nahe zu sein, sie dauernd unter Augen zu haben, wird der sonnigste und
geschützteste Fleck am Hause gerade wertvoll genug sein, den Spielrasen, das Bade- oder Planschbecken, die Sandkiste und das Turngerät
aufzunehmen. Unbeschadet der Freiheit wird ja auch wohl in ganz kleinen Gärten die Blütenpracht mit den einzelnen Teilen des Spielgartens in
Verbindung zu bringen sein, um die Fläche restlos dem vollen Gartenleben zu erschließen. So wird ein abfallendes Gelände in Stufen geordnet und
diese mit blühenden Böschungen oder Mauern abgefangen. So wird die Situation manchen Baukomplexes oft zu reizvollen Lösungen der
Lebendigkeit und des herzerfrischenden Lebens zwischen Mensch und Pflanze geführt werden können.
Nichts hindert uns, selbst auf der kleinsten Fläche eine Fülle köstlicher Blütensträucher als Einzelexemplare, als Gruppen oder Hecken
anzuordnen. Nichts steht im Wege, den Blütenbaum auf freier Rasenfläche, neben das Gartenbad, den Sonnenraum oder den Spielplatz zu setzen.
Alle Voraussetzungen sind gegeben, einen ungeahnten Reichtum bunter Stauden und Einjahrsblumen mit dem Planschbecken, der Wohnterrasse
und dem Liegeplatz zu vereinen. Wir brauchen bei aller Nutzung für die Gesundung unsrer Kinder, unserer selbst, auf all die Blumenfreuden, die
uns der Garten vom ersten Tage eines jauchzenden Frühlings bis zu den ersten Warnern des Winters, der Nachtfröste, beschert, nicht zu
verzichten. Blumen und Blüten soll der Garten ebensowenig entbehren, wie das fröhliche Lachen sonnenbeglückter Menschen.
Was erst der Jugend zum Baden und Planschen dient, wird später das Becken für prachtvolle Wasserrosen
Eine Stunde fröhlichen Spiels in Luft und Licht ist besser als viele Löffel Medizin
Kleine Hausgärten von ehedem werden leicht mit ein paar Handgriffen - möchte man sagen - zu Licht- und Badegärten umgestellt, indem all das
schattende Gehölz entfernt, schattende Bäume gelichtet, und unsinnige Wege kaschiert werden. - Da öffnen sich dann sonnige Rasenflächen vor
unsern Augen, und es lebt plötzlich in ihnen eine Schar sonnenhungriger Menschen.
Von dem mit Schilfmatten und Glaswand geschützten Gartenraum bis zu dem mit Grünhecken umgebenen wind- und blicksicheren Badeplatz am
Wasserteich des Gartens stehen die Kombinationsmöglichkeiten in schier unabsehbarer Fülle vor uns. Es zeigen davon einige die Bilder dieses
Heftes. Hier werden deutlich die großen und zwingenden Einflüsse des Gartens auf die lebensvolle Wohnung mit ihren Menschen, deren bewußtem
Hinausleben in den Garten mit zwingender Notwendigkeit die Lockerung des starren Wohnsystems folgen muß. Am Garten wird die "gute Stube"
zerbrochen, wird der in engen Mauern verkümmerte Wohngeist wieder lebensvoll und heiter.
Gute Spiel- und Tummelplätze verlangen einen Rasenteppich
der so standhaft und dauerhaft ist, daß er schon einen gehörigen "Stiefel" vertragen kann, und der nicht schon nach den ersten Tagen der
Benutzung kahl und unbrauchbar wird. Das Spielen auf schwarzem Boden ist für die Kinder nicht tauglich. Aber abgesehen davon machen kahle
Stellen im Gesamtbild des Gartens einen unschönen Eindruck.
Wir müssen uns bemühen, einen Dauerrasen zu erhalten, der fest und strapazierfähig genug ist, allen Anforderungen gerecht zu werden.
Sorgfältige Bodenbearbeitung muß allen andern Arbeiten voran gehen. Mit allergrößter Sorgfalt müssen wir die Bedingungen schaffen, die für das
Gedeihen einer geeigneten Grasmischung notwendig sind. Eine noch so sorgfältig ausgewählte Grasmischung nützt nichts, wenn Jedes Mehr hätte
die Wohnlichkeit des Gartens in Frage gestellt. Was brauchen wir mehr als ein Stück für Gemüse und Beerenobst und eine Baumwiese mit
Obstbäumen zwischen dichten Hecken, mit einer Laube, einem Planschbecken und einem Sandbeet. Und all diese Garten-Notwendigkeiten sind auf
der kleinen Fläche von nicht einmal 650 Geviertmeter untergebracht die Gedeihens-Vorbedingungen nicht sorgfältig geschaffen wurden. Denn
schließlich gedeiht auch ein Gras am besten, wenn ihm sein Boden sorgfältig bereitet wird.